Ein Blick über die Grenzen.
Beim Pflegekongress am 27.11.2025 zeigte Mag. Renate Nantschev, Pflegewissenschaftlerin, Pflegeinformatikerin und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Pflegeinformatik (ÖGPI), welche zentrale Rolle die professionelle Pflege in der digitalen Transformation des Gesundheitswesens spielt.
Ausgangspunkt ihres Vortrags war die Frage, wie die Pflegeberufe zu aktiven Gestalter*innen der digitalen Transformation werden können.
Digitale Transformation, bedeutet weit mehr als die Einführung neuer IT-Systeme. Sie umfasst das Neudenken von Prozessen, die Entwicklung innovativer Lösungen, den sinnvollen Einsatz von Technologien, den gezielten Kompetenzaufbau sowie die Anpassung von Organisationsstrukturen.
Technologie dürfe nicht zum Selbstzweck werden, sondern müsse stets von der Pflegepraxis mitgedacht werden.
Wichtig ist, dass Digitalisierung nur mit der Pflege gelingen kann und nicht für die Pflege.
Dafür braucht es Pflegeexpert*innen, die sowohl in der Pflegepraxis als auch in der Informatik zu Hause sind und beide Welten verbinden.
Pflegeinformatik wird als Spezialgebiet der Pflege definiert, das pflegerisches Wissen mit Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Daten- und Analysekompetenzen verknüpft.
Eine Schlüsselrolle spielen dabei Chief Nursing Informatics Officers (CNIOs), die als Brückenbauer*innen zwischen Pflege, IT, Medizin und Management auftreten. Sie treiben die Digitalisierungsstrategie im Sinne der Pflege voran, gestalten klinische IT-Systeme und Workflows, achten auf Daten-Governance, Ethik und rechtliche Rahmenbedingungen und unterstützen Veränderungsprozesse in den Teams.
Anhand von Beispielen aus den Niederlanden wurde vorgestellt, wie die Rolle von CNIOs systematisch etabliert und auf nationaler Ebene vernetzt werden kann. Dort sind CNIOs fest in Kliniken und auf strategischer Ebene verankert sowie eng in die Umsetzung nationaler Digitalisierungsstrategien eingebunden, etwa beim Einsatz gemeinsamer Terminologien für den Datenaustausch.
Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags war, zu verdeutlichen, wie wichtig der systematische Kompetenzaufbau in der Pflege-Aus- und Weiterbildung ist. Als Beispiel wurde das das Erasmus-Projekt NURIC (Nursing Informatics Competencies) vorgestellt. Ziel dieses internationalen Projekts ist es, Pflegeinformatik-Kompetenzen bei Studierenden und berufstätigen Pflegepersonen im Kosovo und in Israel aufzubauen. Unter der Koordination von UMIT TIROL werden nationale Curricula für Pflegeinformatik entwickelt, ein modulares Kurskonzept mit Nano-Kursen erstellt sowie ein Zertifikatsprogramm und Train-the-Trainer-Formate erarbeitet. Erste Nano-Kurse, etwa zur Einführung in die Pflegeinformatik, zu elektronischen Gesundheitsakten, zu künstlicher Intelligenz in der Pflege, zu neuen Technologien, zu Telehealth, zu Datenethik und Datensicherheit, sind bereits in Umsetzung.
Am Ende des Vortrags wurde verdeutlicht, wie die professionelle Pflege eine unverzichtbare Akteurin der digitalen Transformation im Gesundheitswesen ist.
Pflegeinformatik-Kompetenzen gehören zunehmend zur beruflichen Handlungskompetenz moderner Pflegepersonen. Damit Pflege ihre Gestaltungsrolle wahrnehmen kann, müssen diese Kompetenzen systematisch in Aus-, Fort- und Weiterbildung verankert und CNIO-Funktionen strukturell mit klaren Entscheidungs- und Verantwortungsbereichen ausgestattet werden. Digitale Transformation in der Pflege ist damit nicht nur ein IT-Projekt, sondern eine strategische Zukunftsaufgabe, in deren Zentrum die Pflege selbst steht.



